Freitag, 13. September 2013

Antwort von Bundesministerin Dr. Kristina Schröder MdB


Berlin, 10. September 2013

Wahlprüfsteine "QueerNet Hessen"


Lieber Björn,

vielen Dank für die Übermittlung der Wahlprüfsteine des QueerNet Hessen. Leider ist es mir
aufgrund der Vielzahl an täglich eingehenden Schreiben aus meinem Wahlkreis Wiesbaden
und dem gesamten Bundesgebiet sowie der zum Teil umfassenden Wahlprüfsteine nicht
möglich, auf jede Einzelfrage einzugehen. Aber ich möchte gern einige Themen herausgreifen
und meine Positionen deutlich machen.
 
Wie Du weißt, ist es mir ein großes persönliches Anliegen, mich für die rechtliche Gleichstellung
von schwulen und lesbischen Lebenspartnerschaften einzusetzen. Fälschlicherweise
wird-die gleichgeschlechtliche Partnerschaft vielfach als Konkurrenz zur Ehe' betrachtet. ich
sehe das völlig anders, denn Lebenspartnerschaften nehmen der Ehe doch nichts weg - im
Gegenteil: Sie stärken das Prinzip, dass zwei Menschen in guten wie in schlechten Tagen
füreinander einstehen. Keine einzige Ehe wird weniger geschlossen und kein Kind weniger
geboren, nur weil die Lebenspartnerschaft steuerrechtlich mit der Ehe gleichgestellt wird.
Insofern befürworte ich die rechtliche Gleichstellung von Homosexuellen ausdrücklich, weil
Menschen in Lebenspartnerschaften - genau wie in einer Ehe - dauerhaft füreinander Verantwortung
übernehmen. Damit leben sie nach meiner Überzeugung konservative Werte.
Zudem übernehmen gleichgeschlechtliche Lebenspartner auch dieselben Pflichten wie in
einer Ehe, indem sie beispielsweise gegenseitig unterhaltspflichtig sind. Wer gleiche Pflichten
hat, muss aber auch gleiche Rechte haben. Das kann keine Frage der sexuellen Orientierung
sein!
 
Diese Position zu gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften vertrete ich seit Jahren. Als
Wiesbadener Bundestagsabgeordnete habe ich daher sehr gern die Schirmherrschaft für
den diesjährigen CSD in Wiesbaden übernommen. Dabei habe ich mich besonders gefreut,
dass es den Organisatoren von "Warmes Wiesbaden" gelungen ist, die CSD-Tradition in
meiner Heimatstadt fortzusetzen. Ich kann mich noch gut an meine erste Teilnahme 2002
erinnern. Seither bin ich ein großer Fan dieses Tages, der Menschen unter dem Dach von
Toleranz und Lebensfreude miteinander verbindet. Erneut habe ich dieses Jahr auch beim
CSD in Frankfurt teilgenommen und bin auf dem Wagen der LSU mitgefahren.
Gleichzeitig setze ich mich - und das will ich ebenfalls betonen - ausdrücklich für den
Schutz und die besondere Förderung der Ehe ein. Denn die Ehe ist die stabilste und verlässlichste
Grundlage für familiären Zusammenhalt und für das Aufwachsen von Kindern. Gerade
in meiner Generation ist die Ehe heute wieder ein sehr beliebtes Modell - und das in einer
Zeit, in der der ökonomische und gesellschaftliche Druck, zu heiraten oder in einer Ehe
zu bleiben, so gering ist wie nie zuvor. Paare heiraten und bleiben verheiratet, weil sie wollen,
nicht weil sie müssen! Die Ehe ist insofern alles andere als ein Relikt aus vergangenen
Zeiten. Vielmehr ist das Bedürfnis der Menschen nach verlässlicher Bindung gewaltig. Das
gilt analog für die Lebenspartnerschaft, und ich setze mich ausdrücklich dafür ein, dass auch
Lebenspartnerschaften vom Ehegattensplittung profitieren.
 
In meinen Augen gibt es zwei Umstände, die der Staat unterstützen sollte: einerseits, wenn
zwei Menschen dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen - ob in einer Ehe oder in - ~--~ -
der Lebenspartnerschaft - und andererseits, wenn Kinder da sind. Wenn beides zusammen
kommt, sollte der Staat die größte Unterstützung geben. Insofern befürworte ich - anders als
QueerNet Hessen - das Ehegattensplitting ausdrücklich, deren vollumfänglichen Erhalt die
CDU in ihrem Regierungsprogramm festgeschrieben hat. Für seine Gewährung spielt das
Vorhandensein von Kindern keine Rolle, denn die Ehe hat auch als kinderlose Verantwortungsgemeinschaft für den Staat einen Wert an sich. Um speziell Familien mit Kindern zu fördern, will die Union das jetzige Ehegattensplitting durch ein Familiensplitting erweitern.

Kinder sollen in Zukunft bei der Steuer denselben vollwertigen Grundfreibetrag wie Erwachsene bekommen. So müssen Familien deutlich weniger Steuern zahlen. Familien, die davon nicht profitieren, etwa weil sie zu wenig verdienen, um überhaupt Steuern zahlen zu müssen, werden wir das Kindergeld erhöhen. Denn auch diese Familien sollen finanziell besser gestellt werden.

Lieber Björn, ich hoffe, Dir meine Positionen deutlich gemacht zu haben, und wünsche dem QueerNet Hessen weiterhin viel Erfolg bei seiner Arbeit!